Rezepte
Die Geschichte der Schwarzwälder Kirschtorte
Duftender Sahnetraum in Weiß, Rot, Braun: Schwarzwälder Kirschtorte
Wie ein Schneewittchen steht sie auf dem Geburtstagstisch: schneeig-weiße Sahne, blutrote Kirschen, schwarzbraune Schokoladen-Mandelbiskuitböden und natürlich als Dekoration dunkle Schokoladenstreusel. Dazu duftet diese runde Herrlichkeit aromatisch nach feinstem Kirschwasser.
Eine der liebsten Sahnetorten der Deutschen ist auch im Ausland als schlechthin die deutsche Kuchenspezialität bekannt. Man weiß von ihr in Amerika und Afrika, Rezeptvarianten gibt es rund um die Welt: Die Schwarzwälder Kirschtorte. Dabei ist die berühmte Konditorenschöpfung noch gar nicht so alt. Entstanden ist sie, soweit man bislang herausfinden konnte, in den 1930-er Jahren. Urkundlich erwähnt wird sie jedenfalls in J.M. Erich Webers Buch „250 Konditorei-Spezialitäten und wie sie entstehen“ von 1934, wie das Conditorei Museum in Kitzingen festgestellt hat.
Wer sie erfunden hat, ist noch nicht endgültig bewiesen, denn im Frühjahr 2007 sind neue, spannende Informationen zur Herkunft des leckeren Kuchens aufgetaucht... Doch beginnen wir mit der Geschichte einfach in chronologischer Reihenfolge.
Der Erfinder
Wer hat die „Schwarzwälder Kirsch“ erfunden?
Die Schwarzwälder sind natürlich sicher, dass sie irgendwo auf den Hügeln des schwarzen Waldes kreiert wurde. Im Hauptanbaugebiet an den vom Rhein klimatisch begünstigten Hängen des Schwarzwalds mit seinen köstlichen sauren und süßen Kirschen, aus denen auch der aromatische Kirschbrand hergestellt wird, liebten die Gäste schließlich schon im 19. Jahrhundert ein besonderes Dessert: zum Café gab’s eine Schale Kirschenkompott aus sauren und süßen Früchten gemischt mit geschlagener Sahne, das manchmal auch mit Schwarzwälder Kirschwasser parfümiert wurde. Und von da scheint der Weg zur Torte nur kurz.
Doch als das Fachmagazin „Konditorei und Café“ 1975 seine Leser nach dem Urheber der Torte befragte, gab es zwei mögliche Kandidaten: ein Rottenburger Konditor nannte den Tübinger Konditormeister Erwin Hildenbrand als den Erfinder, der die Leckerei 1930 im Konditorei-Café Rudolf Walz in Tübingen den begeisterten Süßschnäbeln vorgestellt habe.
Kurz darauf berichtete der damals 89-jährige Konditormeister Josef Keller (1887–1981) aus Radolfzell, er habe bereits vor dem 1. Weltkrieg im Café Ahrend (das aber wohl eigentlich Agner hieß, wie Kellers Biograf feststellen musste) in Bad Godesberg Kirschen mit Sahne auf einem Wiener Biskuitboden, getränkt mit Kirschwasser, serviert und 1927 oder 1928 dann am Bodensee die Schwarzwälder Kirschtorte gebacken, behauptete aber selbst zumindest öffentlich nicht, der Erfinder gewesen zu sein.
Wer war’s wirklich? Der Tübinger Stadtarchivar Udo Rauch glaubt, dass die feine Sahnetorte von Erwin Hildenbrand in Tübingen kreiert wurde, und hat mit seiner Pressemitteilung im Januar 2007 reichlich Wirbel in Tübingen und im Hause Keller erzeugt. Rauchs Recherchen ergaben, dass Hildenbrand in den 1920-er Jahren im Schwarzwald gearbeitet (Furtwangen und Freudenstadt) hat. Außerdem existiert ein handschriftlich datiertes Foto von 1936, das den Konditormeister zeigt, wie er eine Schwarzwälder Kirschtorte herstellt. Bislang sind jedoch weder für den einen noch gegen den anderen eindeutige Beweise öffentlich geworden.
Den Gourmet interessiert der Streit hinter den Schlaraffenbergen vermutlich wenig – der Kenner genießt und schweigt, ob nun eine Schwarzwälder Kirschtorte, einen Black Forest Cake oder eine Gâteau Foret-Noire.